Es ist eine gefährliche Kombination – Ignoranz gepaart mit Arroganz. Die Kritik am Taijiquan sollte laut werden. All jene der Taiji-Community, welche Taijiquan auch als Kampfstil und nicht nur als Gesundheitstraining betreiben, sollten sich vorsehen, wenn sie Taijiquan ohne Demut, ohne Respekt für andere Kampfsysteme, ohne Aufgeschlossenheit und vor allem ohne kritische Betrachtung des eigenen Systems ausüben.

Man begegnet viel zu oft einer elitären Grundeinstellung, einem abgehobenen Grundverständnis des eigenen Könnens sowie einem geradezu akademischen Zugang zum Stil. Auf Hochmut kommt der Fall, und dieser ist tief und unausweichlich. Und wahrscheinlich heilsam. Es genügt oft nur ein Blick auf eine Vielzahl der Taiji-Übenden, die argwöhnisch und abschätzig auf andere martialische – aggressive und damit unkultivierte – Stile herabschauen.

Der Lehrer zeigt den  Weg

Aber für diese Einstellung kann der Schüler nicht verantwortlich gemacht werden, der Ursprung derlei Sichtweise ist ausschließlich und allein beim Lehrer zu suchen. Welchen Sinn macht es, die Scharen an Anfängern mit diffizilen, fast schon poetischen, kaum verstandenen Erklärungskonzepten zu verwirren, zu blenden, zu verführen. Welch anderer Zweck wird verfolgt, außer das eigene Ego zu füttern. Das System wird von den selbst ernannten Gurus künstlich aufgeblasen, ohne die Chance einzurichten, selbst wachsen zu können und zwar in beide Richtungen – in die Höhe und in die Tiefe. Vermutlich wird das Erbe der alten Ahnen ignoriert, die Lehren falsch interpretiert, das System trotz seiner Komplexität und Vielfalt verkompliziert. Es scheint offensichtlich, dass jene, die Taijiquan unterrichten, kaum Kontakt zu körperlichen Auseinandersetzungen haben, den Impakt, die Schnelligkeit und Variabilität des Gegners unterschätzen oder gar nicht richtig einstufen können.

Fakt ist, dass Taijiquan eine KAMPFKUNST ist und kein reines Gesundheits- oder Selbstreinigungssystem wie beispielsweise Yoga. Es geht ums KÄMPFEN und deren Spielarten mit all den herben Effekten wie Niederlage, Schmerz, Einsicht und Angst. Praxis steht vor Theorie – das System muss funktionieren. Vielleicht ist es jedoch besser in einer netten Illusion weiter zu verharren.
Wer jedoch eher den Weg realer Gegebenheiten bevorzugt, wird auch bereit sein, über sein eigenes Ego springen zu können und Dinge grundlegend zu hinterfragen, um nicht weiter in der eigenen Homöostase gefangen zu bleiben.